Steuerblitz®
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2020

Corona 8: Zuschüsse, Umsatzsteuer, vereinfachte Verlustverrechnung usw. – WICHTIG!

Guten Tag liebe Betroffene und Interessierte,

die Produktivität der zuständigen Behörden und Ministerien hält unvermindert an. Leider ist nicht auf allen Ebenen zu spüren, dass die uns lauthals angekündigte „unbürokratische“ Lösung von Problemen Priorität genießt. Folgender (realer) Musterfall aus unserer Mandantschaft mag dies verdeutlichen:
Ein Gastronomiebetrieb, der wie alle anderen coronabedingt geschlossen ist (von Außer-Haus-Verkäufen, die den üblichen Betrieb nicht im Ansatz ersetzen können, einmal abgesehen), beantragt bei seiner (lokalen!) Hausbank bereits am 20.03. ein KfW-Darlehen aus dem „Corona-Soforthilfe“-Programm. Die geforderten banküblichen Unterlagen werden am 23.03. (am nächsten Arbeitstag) bei der Hausbank eingereicht. Am 02.04. fordert die Hausbank zusätzlich eine Jahres-Liquiditätsrechnung, die sie am 03.04. auch von uns erhält. Am 07.04. fordert die Hausbank einen 2017er Jahresabschluss an (weil die Vorjahresangaben in dem ihr bereits seit dem 23.03. vorliegenden 2018er Jahresabschluss nicht ausreichend erscheinen), außerdem ein zweiseitiges Formular „Antrag auf Tilgungsaussetzung“. Die Unterlagen werden noch am selben Tag bereitgestellt. Am 24.04., also mehr als 1 Monat später, kann unser Mandant die Antragsformulare bei der Hausbank endlich unterschreiben. Dazu muss er seine Hausbank aufsuchen (!)…

Aber nicht nur über langsame Banken gilt es zu berichten. Einzelne Finanzämter (in Nordrhein-Westfalen und Sachsen) gewähren Steuerstundungen (für Einzelhändler und Gastronomiebetriebe!) nur bis zum 30.06. (mit dem Hinweis: „Sie können erneut eine Stundung beantragen.“) – obwohl der bindende Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 19.03. ausdrücklich eine Stundung bis zum 31.12.2020 vorsieht.
Ein besonders krasser Fall, der vor allem anekdotischen Wert besitzt: ein ländliches sächsisches Finanzamt forderte am 06.04. gar eine Einkommensteuererklärung für 2019 zum 30.04.2020 vorzeitig an. Offenbar gehen die realen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie noch an Einigen vorbei. Ob das mit dem (insofern) doch recht komfortablen Beamtenstatus zusammenhängt oder schlicht nur der Weltfremdheit Einzelner geschuldet ist, kann dahingestellt bleiben.


Über folgende Neuigkeiten möchten wir Sie informieren:

1. Sachsen gewährt einen Zuschuss für Ausbildungsbetriebe (mit max. 250 Mitarbeiter*innen), die  von der Krise durch Kurzarbeit betroffen sind. Der Zuschuss beträgt das 1,5fache der Ausbildungsvergütung(en) für Februar 2020. Für Auszubildende wird im Regelfall kein Kurzarbeitergeld gezahlt (eine weitere Voraussetzung). Die Anträge müssen bis zum 30.06.2020 bei der Landesdirektion Sachsen (LDS) in Chemnitz gestellt werden.
Den Antrag finden Sie hier: https://www.lds.sachsen.de/foerderung/?ID=16396&art_param=335

2. Das Kurzarbeitergeld soll angehoben werden. Aktuell beträgt es 60 % des weggefallenen Nettoentgelts bei Kinderlosen und 67 % bei Bezieher*innen mit Kindern. Bei mindestens 50 % reduzierter Arbeitszeit soll es ab dem 4. Monat auf 70 % (ohne) bzw. 77 % (mit Kindern) und ab dem 7. Monat auf 80 % bzw. 87 % steigen (bis längstens Ende 2020). Auch die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Kurzarbeitende sollen vorübergehend (1.5. bis 31.12.2020) erweitert werden.

3. Das Arbeitslosengeld soll für diejenigen, deren Anspruch zwischen dem 01.05. und dem 31.12.2020 enden würde, um weitere 3 Monate verlängert werden.

4. Die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie soll befristet vom 01.07.2020 bis zum 30.06.2021 von 19 auf 7 % reduziert werden. Der reduzierte Steuersatz wird nicht für Getränke gelten. Für Außer-Haus-Verkäufe von Speisen müssen bereits heute nur 7 % abgeführt werden. Wir prophezeien: diese Regelung wird sich zum Bürokratiemonster entwickeln. Speisen und Getränke müssen jetzt für diesen Zeitraum von 12 Monaten, der sich noch dazu auf zwei Steuerjahre erstreckt, getrennt im Betrieb erfasst und auch gebucht werden.

5. Für eine Billigkeitsregelung des Bundesfinanzministeriums (BMF) vermögen wir den Adressatenkreis (noch?) nicht zu erkennen. Wer „…selbst oder der mit der Lohnbuchhaltung … Beauftragte nachweislich unverschuldet daran gehindert … [ist], die Lohnsteuer-Anmeldungen pünktlich zu übermitteln…“ dem wird auf Antrag dafür eine Fristverlängerung von bis zu 2 Monaten gewährt. Leider können wir Ihnen nicht dabei behilflich sein, diese Voraussetzung zu erfüllen, weil unsere Lohnbuchhaltungsabteilung sich trotz massiver Überstunden in diesen schwierigen Zeiten sagenhaft ins Zeug legt.

6. Außerdem gibt es noch eine Neuigkeit in eigener Sache zu vermelden: die Steuerberatervergütungsverordnung wird just in diesen Tagen (nach vielen Jahren) insofern angepasst, als dass sämtlichen Vergütungstabellen erhöht werden. Wir werden die neuen gesetzlichen Werte zwingend ansetzen müssen. Sie als von der Pandemie betroffene Kund*innen haben bereits feststellen können, dass wir die Honorare für die laufende Finanzbuchhaltung schon mit der Buchhaltung für März (wegen der absehbar deutlich sinkenden Umsätze) deutlich reduziert haben. Für die Allermeisten wird die gesetzliche Erhöhung der Vergütung also vorerst ein theoretischer Umstand bleiben.

7. Am vergangenen Freitagabend um 19.32 Uhr nahm die von der Politik angekündigte „vereinfachte Verlustverrechnung“ Gestalt in Form einer Verwaltungsanweisung des BMF an. Leider bezieht sich die Vereinfachung nicht auf die Voraussetzungen selbst, sondern lediglich auf den Zeitpunkt. Sie ist vielmehr höllisch kompliziert. Der Erlass trägt den vielsagenden Titel „Antrag auf pauschalierte Herabsetzung bereits geleisteter Vorauszahlungen für 2019“. Unternehmen (gleich welcher Rechtsform), die von der Pandemie „unmittelbar und nicht unerheblich“ betroffen sind und noch ohne Steuerbescheid für 2019 sind (hier bestraft das Leben ausnahmsweise diejenigen, die zu früh kommen) können eine Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 beantragen. Der Antrag ist „vereinfacht“ möglich, indem ein „pauschal ermittelter Verlustrücktrag“ ermöglicht wird. Diese Zuschreibung teilen wir allerdings nicht. Auch ein höherer Verlustrücktrag ist im Einzelfall (dann allerdings nicht vereinfacht) möglich. Einen solchen Antrag stellen können Personen, die 2020 als Selbständige und/oder Einkünfte aus Vermietung erzielen. Mit dem Antrag muss versichert werden, das man für 2020 wegen der Pandemie einen Gesamtverlust (aller Einkünfte) erwartet. Dieser Verlustrücktrag beträgt pauschal 15 % der im Vorauszahlungsverfahren für 2019 angesetzten positiven Einkünfte. Wenn dann die Steuerklärungen für 2019 abgegeben werden und ein entsprechender Steuerbescheid (mit Nachzahlungen) vorliegt, werden diese Nachzahlungen wiederum zinslos solange gestundet, bis auch die Steuerbescheide für 2020 vorliegen (also ggf. mit Mitte 2022). Zinsen fallen nur dann an, wenn die Steuerbescheide für 2020 geschätzt werden müssen. Das im Erlass aufgeführte Beispiel („stark vereinfacht“ 🙂) ist immerhin eine ganze DIN A4-Seite lang…

Bei Zweifelsfragen gilt wie immer: sprechen Sie uns bitte direkt an!


Schließen möchten wir heute mit einem herzlichen Dank an unsere eigenen Mitarbeiter*innen, die auch in diesen schwierigen Zeiten einen tollen Job machen und Ihnen und uns mit Rat und Tat zur Seite stehen. NRW und Sachsen haben die Bedeutung unseres Berufsstands für das Wirtschaftsleben und das Staatswesen immerhin erkannt und unserer Branche die Kinder-Notbetreuung zugänglich gemacht. Leider gestaltet sich das in der Praxis deutlich schwieriger als erwartet bis unmöglich. Schade.


Und das Allerwichtigste: bleiben Sie gesund!

Michael Eichhorn  |  Markus Ody  |  Stefan Lücker