Liebe Interessierte und Betroffene,
von Sommerpause gibt es leider noch keine Spur – außer vielleicht im ELSTER-Portal, das zurzeit nicht in der Lage ist, irgendwelche Grundsteuererklärungsdaten sauber zu verarbeiten. Das vermeldete sogar die Tagesschau. Die einzigen, die offenbar nicht mit großer Nachfrage und einer dadurch bedingten technischen Überlastung gerechnet haben, sind die Zuständigen in der Finanzverwaltung. Diese Schwierigkeiten haben sogar dazu geführt, dass das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz zulässt, die Daten in Papierform beim zuständigen Finanzamt abzugeben. Wir sind sehr gespannt, um wie viele Tage die Abgabefrist, die regulär am 31.10. abläuft, verlängert werden wird…
Und natürlich gibt es eine ganze Reihe fachlicher Neuigkeiten, über die wir Sie informieren möchten:
1. Die Schlussabrechnungen für die verschiedenen Corona-Förderprogramme sind noch immer nicht vollständig technisch möglich. Wir haben uns intern darauf eingestellt, dass wir uns damit im IV. Quartal beschäftigen. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie intensiv wir uns mit diesen Themen beschäftigt haben, haben wir hier einmal die von uns beantragten (und heute fast vollständig erhaltenen) Fördermittel zusammengerechnet und sind dabei auf über 20.5 Mio. € gekommen. Bei einem durchschnittlichen Antragsvolumen von geschätzten 20 T€ sind das wahrscheinlich mehr als 1000 Anträge, die wir in den letzten 2 Jahren gestellt haben. Sagenhaft.
2. Das DiRUG (Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie) verlangt neuerdings von uns, dass sich diejenigen, die Jahresabschlüsse im Unternehmensregister hinterlegen, dort persönlich identifizieren müssen. Das macht die Sache nur komplizierter und formalistischer. Diese neue Regelung gilt für Abschlüsse, die nach dem 01.08.2022 übermittelt werden oder Wirtschaftsjahre betreffen, die nach dem 31.12.2021 beginnen. Die Identifizierung erfolgt über die Publikations-Plattform des Bundesanzeigers.
3. Die Steuererklärungsfristen (aber auch die Fristen für vorabangeforderte Steuererklärungen) für Beratene wurden nun tatsächlich gesetzlich deutlich verlängert:
- für 2020 gilt der 31.08.2022,
- für 2021 gilt der 31.08.2023,
- für 2022 gilt der 31.07.2024,
- für 2023 gilt der 02.06.2025 und
- für 2024 gilt der 30.04.2026
als jeweils letzter Abgabetermin.
4. Die Vollverzinsung wurde nun endgültig (mit Zustimmung des Bundesrates vom 08.07.2022) für Zeiträume seit dem 01.01.2019 von 6 % p.a. auf 1,8 % p.a. gesetzlich reduziert. Die Reduktion gilt für alle Arten von Zinsen, nur nicht für Säumniszuschläge. Gegen die Höhe der Säumniszuschläge von 12 % p.a. laufen aktuell aber verschiedene Verfahren beim Bundesfinanzhof, nachdem das Finanzgericht Münster die absolute Höhe für verfassungsrechtlich zweifelhaft hielt. Falls Sie von nennenswerten Säumniszuschlägen betroffen sind, sprechen Sie uns bitte an. Um dagegen vorgehen zu können, müssen sog. Abrechnungsbescheide bei den Finanzbehörden beantragt werden.
5. Seit dem 01.07.2022 gilt ein höherer Mindestlohn von 10,45 €/Stunde, der ab dem 01.10.2022 noch einmal auf 12 €/Stunde angehoben wird und unbedingt zu beachten ist.
6. Das sog. Nachweisgesetz sah schon immer vor, dass wesentliche Arbeitsbedingungen schriftlich niedergelegt werden müssen. Zum 01.08.2022 treten umfangreiche Erweiterungen in Kraft, die den Rahmen unseres Steuerblitzes® schlichtweg sprengen würden. Ab diesem Zeitpunkt gilt auch, dass Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des Nachweisgesetzes als Ordnungswidrigkeit behandelt werden, die mit Geldbußen bis zu 2.000 € sanktioniert werden können.
7. Das Finanzgericht Köln und im Anschluss daran auch der Bundesfinanzhof sind der Auffassung, dass auch die vierte Betriebsprüfung in Folge bei einem Unternehmen, das nicht als Mittel- oder Großbetrieb schon von Gesetzes wegen der sog. Anschlussprüfung unterliegt, zulässig und keine rechtsmissbräuchliche Schikane ist. Der Kläger ist übrigens Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
8. Der Bundesfinanzhof hat jüngst entschieden, dass ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen auch dann steuerlich abziehbar (max. 20 % der Aufwendungen, höchstens 4.000 € p.a.) sind, wenn sie für einen Dritten (z.B. die Eltern) gezahlt werden, der in einem anderen, also nicht dem Haushalt des Zahlenden, untergebracht ist. Wichtig ist dabei, dass die Aufwendungen dem Zahlenden selbst entstehen, er (und nicht die Eltern in unserem Beispiel) also Vertragspartner des Pflegedienstes ist. Der ungenaue Gesetzeswortlaut schränkt diese Variante nämlich nicht ein.
9. Das Finanzgericht Hamburg teilt in einer aktuellen Entscheidung unsere Rechtsauffassung, dass Erstattungszinsen, auch wenn sie für Zeiträume ab 2019 festgesetzt worden sind, nicht mehr rückwirkend zu Lasten der Steuerbürger*innen korrigiert werden können. Anders verhält es sich selbstverständlich bei Nachzahlungszinsen, siehe oben unter 4, die rückwirkend korrigiert werden müssen, weil die Finanzverwaltung seit geraumer Zeit entsprechende Vorläufigkeitsvermerke in die Steuerbescheide aufgenommen hatte.
Zum Schluss möchten wir Ihnen noch eine wunderschöne, beinahe loriothafte Formulierung des Bundesfinanzministeriums näher bringen, die wir selbst nicht auf Anhieb verstanden haben, die aber immerhin als schlechtes Beispiel für sinnfreie Behördensprachblasen dienen mag und in ihrer Verschrobenheit schon einen gewissen Unterhaltungswert besitzt: „Aufgrund der letzten Änderungen sowie der kürzlich erfolgten Sechsten Änderungsverordnung ist eine aktualisierte Gesamtfassung des Anwendungsschreibens zur Mitteilungsverordnung in Form einer Neufassung erforderlich.“ Gut, dass wir das jetzt auch alle wissen. Si tacuisses…
Ein paar schöne, sommerliche Tage wünschen Ihnen
Michael Eichhorn | Markus Ody | Stefan Lücker