Liebe Interessierte und Betroffene,
endlich gibt es wirklich gute Gründe für eine wohlverdiente Sommerpause, auch wenn die Sommerferien in NRW bereits vorbei sind: die Frist für die Schlussabrechnungen sämtlicher Corona-Fördermaßnahmen wurde vom 31.12.2022 auf den 30.06.2023 verlängert! Die Politik hatte also ein Einsehen. Jetzt müsste sich nur der Bundesfinanzminister noch zu einer vernünftigen Entscheidung bei der (jedenfalls technisch ziemlich) missglückten Grundsteuerreform, sehr anschaulich beschrieben vom Journalisten Michael Brächer, durchringen…
Selbstverständlich sind auch fachliche Neuigkeiten von Bedeutung zu berichten:
1. Der September wird zum Monat der „Energiepreispauschale“. Die FAQ des Bundesfinanzministeriums sind hochkomplex und darum nur nervenstarken Leser*innen zu empfehlen. Alle, die laufend Einkommensteuer-Vorauszahlungen leisten, haben zwischenzeitlich bereits einen geänderten Vorauszahlungsbescheid enthalten. Schon diese Änderungsbescheide sind eine echte Posse. Für alle Menschen, die sich in laufenden Beschäftigungsverhältnissen befinden, müssen von den lohnrechenden Stellen Daten eingesammelt und ggf. Bescheinigungen angefragt werden (vor allem von den „Aushilfen“). Rentner*innen bedürfen nach Auffassung von Finanzminister Lindners Partei (ganz gegen unsere Ansicht) keines solchen Zuschusses. Die prozentual ansehnlichen, aber eben oft absolut erbärmlichen Altersrenten, die Einzelne beziehen, reichen nämlich längst nicht in allen Fällen aus, um die Preissteigerungen auch nur annähernd aufzufangen. Eine ganz wichtige Information fehlt in den o.g. FAQ des BMF: „Auch Minijobber profitieren von der 300 Euro Energiepreispauschale.“ Dies trifft auch für Nur-Minijobber zu, die in keinem „Hauptbeschäftigungsverhältnis“ stehen. Und es funktioniert am einfachsten dann, wenn sie am 1.9.2022 in einem Minijob-Beschäftigungsverhältnis stehen. Dabei spielt es keine Rolle, wie umfangreich dieser Minijob ist. Wenn also Ihr rüstiger Schwiegervater (der als Nur-Rentner sonst keine Energiepreispauschale erhalten würde) bei Ihnen stundenweise im Haushalt hilft (vielleicht 2 Stunden wöchentlich den Rasen mäht) und dieses Minijob-Arbeitsverhältnis am 1.9.2022 besteht, erhält er die Energiepreispauschale doch! Und es schadet auch nicht, wenn die Rasenmäh-Saison am 1.11. schon wieder vorbei ist und Schwiegervaters Beschäftigungsverhältnis bei Ihnen wieder ein Ende findet. …Bei Angehörigen sollte man übrigens ganz unbedingt einen schriftlichen Arbeitsvertrag verfassen, nicht nur wegen des Nachweisgesetzes, vor dem wir Sie bereits im letzten Steuerblitz gewarnt hatten.
2. Das DiRUG (Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie), das wir ebenso bereits genannt hatten, besitzt auch einen für alle positiven Aspekt, den wir Ihnen versehentlich unterschlagen haben: seit dem 1.8. sind der Zugang und der Abruf sämtlicher Registerinhalte aus Handels-, Genossenschafts- Vereins- und Partnerschaftsregister elektronisch kostenfrei. Sie finden das neue, umfassende Register hier.
3. Still und heimlich haben wir uns mit dem „Energiekostendämpfungsprogramm“ der Bundesregierung beschäftigt, das bereits am 31.08. ausläuft und über das BAFA beantragt werden muss. Betroffen sind nur ganz bestimmte Branchen. Wir haben alle, die in Frage kamen, bereits informiert und mussten (nicht völlig ohne Erleichterung) feststellen, dass niemand aus unserem Sprengel die nötigen Voraussetzungen erfüllt (Mitglied der dort genannten Branchen plus nachhaltige Energiekostenquote von über 3 % plus gegenüber dem Vorjahr auf mehr als das Doppelte gestiegener Energiepreis).
4. Ein Ausblick: ab dem 1.10. erhöht sich die Minijob-Gehaltsgrenze von 450 auf 520 € (wegen des dann noch einmal steigenden Mindestlohns). Diese Grenze wird dynamisch gestaltet, wächst also bei zukünftigen Mindestlohnanhebungen automatisch mit und wird auf 10 Wochenarbeitsstunden begrenzt und bezogen. Es gibt diverse Sonder- und Übergangsregelungen. Von denen wird zu einem späteren Zeitpunkt die Rede sein.
5. Eine unerwartet progressive Entscheidung hat das Finanzgericht Münster mit seinem Urteil vom 18. Mai 2022 gefällt: danach müssen bei einer GmbH (mit einer sehr fehleranfälligen „offenen Ladenkasse“ für Bareinnahmen) nicht zwingend Hinzuschätzungen vorgenommen werden, wenn der Geschäftsführer Geld einlegt, dessen Herkunft unklar ist. Hier wird (in Anlehnung an ein früheres Urteil des Bundesfinanzhofs eine sehr scharfe Trennlinie zwischen GmbH und Gesellschafter gezogen.
6. Der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 sieht eine Anhebung des Ausbildungsfreibetrags, eine Erhöhung der Abschreibung auf Wohngebäude auf 3% und eine Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags vor. Wir werden auch davon bei Gelegenheit konkret berichten.
7. Der Bundesfinanzhof hat dem Finanzgericht München (Außensenate Augsburg) tatsächlich sehr ordentlich die Leviten gelesen, nachdem es in einer Steuerberater-Prüfungsangelegenheit (ja, auch dafür ist die Finanzgerichtsbarkeit zuständig) etwas mehr als 3 Jahre für eine Entscheidung gebraucht hat. Der unglückliche Kläger war bereits zum zweiten Mal durchgefallen, erhielt jetzt aber eine Entschädigung für die ungebührliche Verzögerung.
Wunderbare Spätsommertage ohne missglückte Prüfungen jeglicher Art wünschen Ihnen
Michael Eichhorn | Markus Ody | Stefan Lücker | Stephanie Glock