Steuerblitz®
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2022

No. 139 – Herbstlich Vermischtes

Liebe Interessierte und Betroffene,

hoffentlich inmitten eines von uns heraufbeschworenen, wahrhaft goldenen Herbstes gibt es verschiedenste Neuigkeiten zu berichten.

1. Die Frist zur Abgabe der Grundstückswerterklärungen wurde bis Ende Januar 2023 generös um drei Monate verlängert. Ob das tatsächlich reicht, wagen wir allerdings zu bezweifeln.

2. Wer unerwartet den Verlust von betrieblichem Anlagevermögen erleidet, beispielsweise durch einen Brand, einen Unfall o.ä., kann eine „Rücklage für Ersatzbeschaffung“ bilden – sogar dann, wenn der Gewinn nicht durch Bilanzierung ermittelt wird. Diese Billigkeitsregelung führt dazu, dass ein (eher theoretischer) Buchgewinn (z.B. wegen einer Versicherungserstattung) bei Ersatzbeschaffung nicht versteuert werden muss. Die Fristen für die Ersatzbeschaffungen wurden vorübergehend deutlich verlängert – wohl wegen der allgemeinen Lieferschwierigkeiten für verschiedene Investitionsgüter.

3. Das Bundesfinanzministerium hat alle Länderfinanzbehörden angewiesen, bei Herabsetzungs- oder Stundungsanträgen, aber auch bei Anträgen auf Vollstreckungsaufschub, von den Folgewirkungen des Ukraine-Krieges Betroffenen „den zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll aus“zunutzen, also bei der Nachprüfung der Voraussetzungen bis zum 31.03.2023 großzügig zu sein. Stundungen sollen zinslos erfolgen, ähnlich wie bei den von der Corona-Pandemie gebeutelten Betrieben.

4. Ein Schmankerl am Rande: wir berichteten bereits über das peinliche Auslaufen der TSE-Zertifizierung (TSE = Technische Sicherheitseinrichtung – für Kassen) mit dem Namen D-Trust, die von der Bundesdruckerei verwendet wird. Das Bundesfinanzministerium hat jüngst eine 6-monatige Übergangsfrist für diese TSE verfügt. Wer diese nicht zertifizierte TSE für diesen Zeitraum weiter benutzt (eigentlich ein Sakrileg!), hat keine nachteiligen Folgen zu befürchten. Ob man in Zukunft auch bei anderen TSE-Problemen ähnlich großzügig verfahren wird, ist eher unwahrscheinlich.

5. Der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz wird tatsächlich vom 1.10.2022 bis zum 31.03.2024 von 19 auf 7 % reduziert.

6. Ganz besonders großzügig ist die Bundesregierung einmal mehr mit dem Geld anderer Leute. Wesentlich interessanter ist nämlich eine Regelung, die in jenem „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ (das heißt wirklich so), das am 26.10. im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, geradezu versteckt war: ähnlich wie die Corona-Prämie gibt es nun eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 €, die im Zeitraum vom 1.10.2022 bis zum 31.12.2024 lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei an sämtliche Arbeitnehmer*innen ausgezahlt werden kann. Es wäre schön, wenn die galoppierende Inflation damit verhindert werden könnte. Immerhin wird eine solche Prämie bei den einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht mit angerechnet. Die Umwandlung anderer Gehaltsbestandteile wird wohl nicht funktionieren. Statt Bargeld sind auch Sachleistungen denkbar. Arbeitgeber*innen werden zudem den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten müssen, meinen Fachleute.

7. Und zu guter Letzt: die Verfassungswidrigkeit der sog. Vollverzinsung wurde bereits beurteilt und der Zinssatz deshalb auch neu geregelt. Ob Säumniszuschläge mit 12 % und andere zinsähnliche Aufwendungen mit 6 % p.a. ebenso verfassungswidrig sind, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden. Für AdV-Zinsen (bei während Rechtsbehelfsverfahren von der Vollziehung „ausgesetzten“ Steuerbeträgen) führen wir seit dem 16.10. einen Musterprozess beim Sächsischen Finanzgericht. Vom Ausgang werden wir Ihnen selbstverständlich alsbald berichten.


Kommen Sie gut durch die etwas deprimierenden November-Feiertage, die für den Verfasser dieser Zeilen seit Kindertagen untrennbar verknüpft sind mit der Erinnerung an kratzige Sonntagshosen und kalte Friedhöfe!

Michael Eichhorn  |  Markus Ody  |  Stefan Lücker  |  Stephanie Glock